Dienstag, 5. Januar 2016

Jeder hat ein Recht auf seine eigenen Bedürfnisse – Warum jede Beziehung ein Kompromiss ist

Jede Beziehung ist ein Kompromiss, auch die Mutter- und/oder Vater-Kind-Beziehung. Natürlich sollte einem als werdende Eltern bewusst sein, dass man am Anfang vielleicht nicht alle seine Bedürfnisse so befriedigen kann wie man es sonst getan hat – z.B. das Bedürfnis nach Schlaf – und dass die Bedürfnisse dieses kleinen neuen Erdenbewohners - vor allem die erste Zeit - im Vordergrund stehen. Man sollte sich aber dennoch bewusst sein oder bewusst werden, welche Bedürfnisse man als Mama oder Papa hat und diese über kurz oder lang auch wieder erfüllen. Eine komplette Selbstaufgabe der Eltern zu Gunsten der Bedürfnisse des Kindes halte ich definitiv für falsch und nicht sinnvoll.
„Dem Kind eine perfekte Mutter/Vater sein. Ohne Makel, ohne negative Emotion“ ist für mich persönlich zum einen gar nicht möglich und zum anderen auch für die Kinder nicht hilfreich, weil sie dadurch ein völlig falsches Bild der Umwelt vermittelt bekommen. Ein Kind muss lernen, dass es okay ist, auch mal wütend zu sein. Dass man als Erwachsener auch mal eine „Auszeit“ braucht, um sich zu beruhigen und seine Gefühle zu sortieren. Dass es okay und normal ist diese Gefühle zu haben. Nur so lernen sie auch mit ihren eigenen Gefühlen umzugehen – und zu denen gehören nun mal auch negative Emotionen wie Wut, Aggression oder Traurigkeit. Und es ist auch in Ordnung Fehler zu machen. Wie muss sich ein Kind fühlen, das etwas „falsch“ macht, wenn es von seinen Eltern nicht gelernt hat dass dies völlig normal ist?! Oder wie soll es lernen mit seiner Wut umzugehen, wenn seine Eltern ihm vorleben, dass es dieses Gefühl bei Ihnen nicht gibt?

Jede Beziehung ist ein Kompromiss und jeder hat ein Recht auf seine eigenen Bedürfnisse – das heißt aber natürlich auch das die Bedürfnisse des Kindes auf jeden Fall ernst genommen und auch so weit es geht erfüllt werden müssen. Ein Baby einfach schreien lassen, weil es in irgendwelchen Ratgebern so empfohlen wird, oder ein von seinen Gefühlen völlig übermanntes (im Volksmund: trotzendes) Kleinkind „zur Beruhigung“ alleine in sein Zimmer zu sperren ist definitiv und immer falsch!! Eine bedürfnisorientierte Erziehung (die ich an dieser Stelle ganz bewusst nicht AP nenne, weil ich mich damit einfach zu wenig auskenne), bei der aber auch die Eltern nicht auf der Strecke bleiben, ist da meiner Ansicht nach der richtige Weg. An dieser Stelle ein kurzes Beispiel aus unserem Alltag, was ich damit ungefähr meine: Es gibt bei uns kein Familienbett. Nicht weil ich generell dagegen bin, oder weil ich denke das es falsch ist sein Kind mit im Bett schlafen zu lassen, sondern einfach weil ICH dann nicht schlafen kann. Schon mit dem Baby/Kind im gleichen Zimmer zu schlafen ist für mich eine echte Herausforderung und funktioniert einfach nicht. Trotz allem hat meine Tochter aber natürlich oft das abendliche und/oder nächtliche Bedürfnis nach Nähe, was sie dann auch bekommt. So haben wir oft Stunden in ihrem Zimmer gesessen, sie auf meinem Arm, oder wir sind durch die Wohnung gelaufen. Bis zu ihrem 15. Lebensmonat ist sie abends nur mit Flasche auf meinem Arm eingeschlafen, und auch danach habe ich noch oft lange neben dem Bett gesessen. Und ich habe etliche Nächte stundenlang neben ihrem Bett auf dem Teppich gelegen. Und das tue ich auch heute noch zwischendurch, und wahrscheinlich auch die nächsten Jahre noch - immer wenn meine Tochter das Bedürfnis hat. Natürlich hat mich das viel Schlaf gekostet, und einige Abende zu einem sehr späten „Feierabend“ geführt. Gerade auch das abendliche Einschlafen mit Flasche auf meinem Arm ist auf viel Unverständnis in meinem Familien- und Freundeskreis gestoßen und hat die Abendgestaltung schwierig gemacht – es war und ist aber für uns der einzig richtige Weg. Denn wenn ich dann in meinem Bett liege, egal wann, kann ich wenigstens tatsächlich schlafen. Viele andere hätten vielleicht diese Kompromisse nicht in Kauf sondern das Kind einfach mit ins Bett genommen - dafür sind ihnen vielleicht andere Dinge ein Bedürfnis die mir nicht so wichtig sind. Wie z.B. die Freizeitgestaltung ohne Kind, die bei mir ein gutes Jahr gar nicht und danach das Jahr nur äußerst begrenzt statt gefunden hat. Unsere Tochter war ab der fünften Lebenswoche völlig fixiert auf mich, sogar beim Papa hat sie nur geschrien. Nach einem Jahr ging es dann beim Papa gut, bei allen anderen nicht. Erst jetzt mit 2 Jahren bleibt sie auch mal bei Oma, weint aber je nach Tagesform immer noch sehr häufig. Das war komischerweise nie ein großes Problem für mich, ich habe mich gut damit arrangieren können und unsere Tochter nur dann „allein“ (also mit Papa oder Oma) gelassen, wenn es  nicht anders ging. Erst jetzt im Rahmen meiner 2. Schwangerschaft hab ich das Bedürfnis, einmal die Woche etwas ohne meine Tochter zu machen – nämlich zum Schwangerenschwimmen zu gehen. Und das tue ich auch. Viele aus meinem Familien- und Freundeskreis konnten auch hier wieder  nicht verstehen, dass ich nicht mehr Zeit für mich selbst beanspruche und meine Tochter daran gewöhne, woanders zu  bleiben („wie soll das erst im Kindergarten werden?!“). Zwischendurch haben wir es auch immer mal wieder versucht, aber das Bedürfnis meiner Tochter nach meiner Anwesenheit war und ist einfach sehr stark ausgeprägt – und auch stärker als mein Bedürfnis nach „Freiheit“. Also war und ist es so für uns der richtige Weg.

Wenn dann die Bedürfnisse des Kindes ernst genommen und auch erfüllt werden, führt dies sicherlich zu einem in dem Sinne „zufriedeneren“ Kind, als das es ein gewisses Urvertrauen in die Welt, in sich selber und vor allem in die Eltern vermittelt bekommt – im besten Fall hat es sogar das Gefühl so geliebt zu werden wie es ist, ohne Einschränkungen (da gehört aber sicherlich noch ein bisschen mehr dazu als nur die Bedürfnisbefriedigung) – es ist aber kein Schlüssel für ein „easy Baby“ oder ein „ausgeglichenes, unproblematisches“ oder sogar „braves“ Kind. Jedes Kind ist ganz individuell – so wie es halt ist – und der Einfluss der Eltern hierauf ist meiner Meinung nach wirklich gering.  Ich habe das Glück eine relativ „zufriedene“ und „liebevolle“ Tochter zu haben, trotz aller Fehler die ich gerade am Anfang und auch heute noch oft mache. Ich mache mir dabei auch nicht die Illusion, dass es mein Verdienst wäre dass sie so zufrieden durch ihr junges Leben geht.  

Jede Beziehung ist also ein Kompromiss – gerade die Mutter- und/oder Vater-Kind-Beziehung, und es ist wichtig in dieser Beziehung die Bedürfnisse eines jeden Einzelnen zu erkennen, sie ernst zu nehmen und so gut es geht zu befriedigen. Dabei ist jede Mama, jeder Papa und jedes Kind völlig unterschiedlich, und es gibt für jede Familie nur ihren eigenen ganz persönlichen richtigen Weg – und nicht den einen richtigen. Es ist auch ganz normal das jede Familie diesen Weg erst finden muss (auch wir bzw. ich haben lange dafür gebraucht) - und dieser ein ständiger Prozess ist, in dem jeder die Möglichkeit hat sich zu verändern und weiter zu entwickeln – denn, ganz wichtig, jeder darf und muss auf diesem Weg auch Fehler machen!!!

In diesem Sinne danke für den Aufruf zu dieser Blogparade von Frau Chamailion und ich hoffe ich konnte euch meine persönliche Meinung dazu verständlich vermitteln. Dabei habe ich den Begriff „AP“ ganz bewusst nicht verwendet, weil ich mich damit – wie schon oben kurz erwähnt – einfach zu wenig auskenne und nicht genau weiß, was dieser Erziehungsstil genau umfasst. 

7 Kommentare:

  1. Ich finde dein Beispiel mit der Schlafgestaltung bei euch ganz wunderbar! Genau so sollte eine bedürfnisorientierte Erziehung ablaufen - du kannst im Familienbett nicht schlafen (dein Bedürfnis), deshalb schläft dein Kind im eigenen Bett (dein Bedürfnis wird respektiert), aber du siehst ihr Bedürfnis (Nähe zu dir in der Nacht) und erfüllst es (sitzt oder liegst neben ihrem Bett oder hast sie im Arm). Einfach richtig klasse gelöst!
    LG, snowqueen

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    1. Danke, freue mich wieder sehr über Dein positives Feedback!!! Es war nämlich gar nicht so einfach unseren richtigen Weg zu finden und ich konnte ihn auch nicht immer "so selbstbewusst" vertreten (habe ich passenderweise gerade eben einen Beitrag zu geschrieben ;) )
      Denn wie ich schon in meinem Blogroll erwähnt habe: Ich hätte Deinen Blog eher lesen sollen.

      LG zurück, Nadine

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    2. Ich finde deine Blogroll nicht (lese übers Handy), hast du einen Link für mich? LG, snowqueen

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    3. Danke für den Hinweis, habe gemerkt das die Seitennavigation in der Mobilversion meines Blogs gar nicht angezeigt wird. Habe ich direkt geändert! Trotzdem zur Sicherheit nochmal der Link:

      http://daskleinemamaglueck.blogspot.de/p/fraulein-im-gluck-httpsuchtdasglueck.html

      LG

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  2. Ich mag Deinen Beitrag auch gern, er ist ausgewogen, bewusst und realistisch. Danke für Deine Selbsteinschätzung, dass es nicht (nur) Dein Verdienst ist, wenn Dein Kind so zufrieden ist, das vermisse ich bei vielen Eltern zufriedener Kinder. Ich finde es toll, dass Du so bereitwillig z.B. die Fixiertheit Deiner Tochter auf Dich akzeptierst und damit nicht zu hadern scheinst. Das ist etwas, was mir selbst manchmal (nicht immer) schwer fällt. Schöner Beitrag!
    Liebe Grüße!

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    1. Hallo liebe Frühlingskindermama,

      Danke für Deinen Kommentar, habe mich sehr über das positive Feedback gefreut! Ich dachte auch mal das der Einfluss der Eltern auf ihre Kinder viel größer ist, bis ich selber Mama wurde ;) Einen tollen Blog hast Du - habe schon kurz reingeschnuppert - er gefällt mir sehr.

      Liebe Grüße zurück

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